· 

Jeder zu seiner Zeit

In gefühlt jedem zweiten Post von Social Media oder anderen Artikeln im Internet zur Corona-Krise lesen wir das Wort systemrelevant. Dabei sind in diesen Zeiten die Menschen gemeint, die ihrem Job nachgehen müssen, damit alle anderen Menschen leben können. Dazu zählen beispielsweise Ärzte, Pfleger, Verkäufer, LKW-Fahrer und einige andere. Und ja! Sie sind systemrelevant und ich bin unglaublich dankbar dafür, dass diese Berufsgruppen weiterarbeiten und dadurch gewährleisten, dass alle versorgt sind. Leider hat aber der überdurchschnittlich häufige Gebrauch dieses Wortes auch eine Schattenseite.

Wenn wir sagen, dass diese Menschen systemrelevant sind, ist die Versuchung nahe, zu glauben, dass alle anderen Menschen nicht systemrelevant sind. Salopp gesagt, sind diese Menschen nicht wichtig für die Welt. Dieser Eindruck könnte zumindest entstehen...

 

Auch ich habe mich elend gefühlt, als ich dieses Wort immer wieder gelesen habe und ich habe mich selbst hinterfragt: Ist das der richtige Beruf, wenn er nicht relevant für das Vorankommen der Welt ist? Wozu bin ich auf dieser Welt?

Nach langem Hadern mit mir selbst, habe ich eine Antwort gefunden. Diese möchte ich hier mit euch teilen, damit auch die Menschen, die noch mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt sind, dadurch Mut bekommen, sich selbst nicht als unwichtig zu betrachten.

 

Ich möchte um meine Gedanken zu erklären auf einen Bibeltext aus dem Buch Kohelet schauen. Dieser wird oft auch in anderen Zusammenhängen betrachtet aber ist an dieser Stelle besonders passend:

"Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit. Wenn jemand etwas tut - welchen Vorteil hat er davon, dass er sich anstrengt?  Ich sah mir das Geschäft an, für das jeder Mensch durch Gottes Auftrag sich abmüht.  Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit." (Koh 3, 1; 9-11)

 

Ja, die, die jetzt systemrelevant beschrieben werden, sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft! Ja, unbedingt! In der jetzigen Situation ist deren Zeit. Nun ist es an ihnen die Gesellschaft zu unterstützen und unbedingt für die Menschen da zu sein. Das muss man erst einmal akzeptieren und verdauen: Es können nicht immer alle Menschen, diejenigen sein, deren Zeit nun angebrochen ist. Ich musste aber auch feststellen, dass das nicht bedeutet, dass die anderen Menschen weniger wert sind. Es ist nur nicht ihre Zeit. Aber ihre Zeit wird auch wieder kommen. Auch diese Menschen werden irgendwann wieder merken, dass sie (system)relevant sind. So werde auch ich irgendwann wieder als Mensch gefragt sein. Auch ich werde wieder relevanter für die Gesellschaft. Nur eben nicht jetzt. Es ist schwer dies zu akzeptieren, aber so ist es und so ist es auch gut so. Jeder kann ein Stück zum Glück der Welt beitragen, sei es durch den Beruf oder gar durch ein Ehrenamt oder nur alleine durch die moralische Unterstützung anderer Menschen, die etwas zum Geschehen der Welt beitragen. Jeder ist wichtig für die Welt. Jeder, aber zu seiner Zeit. 

 

Inhalte von Powr.io werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf die Cookie-Richtlinie (Funktionell und Marketing), um den Cookie-Richtlinien von Powr.io zuzustimmen und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in der Powr.io-Datenschutzerklärung.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0